urban odyssee

Ausstellung im August 2022 im Kunstbalkon Kassel

Eröffnung : Donnerstag, 11.August 2022 um 19 Uhr

Einführung: Anne-Kathrin Auel M.A., Kunstwissenschaften

Öffnungszeiten: Fr/Sa/So jeweils 16-19 Uhr

Die Odyssee, viel besprochen und rezipiert, kann man als Reisebericht der abendländischen Kultur lesen. Die Wegmarken der Odyssee wurden vielfach aus Ihrer 
mythisch-fiktionalen Ebene in real existierende Orte transformiert. 
Es ist populär diese Orte, wie Odysseus anzusteuern und den Reiseweg nachzuvollziehen. 
Doch gelang die genaue Rekonstruktion nie wirklich und der Seeweg blieb im Dunklen.
Ich sehe die Odyssee nicht vorrangig in ihrer umgangssprachlichen Form; 
als Synonym für eine lange Irrfahrt, die die Heimat als Ziel hat. 
Es sind vielmehr Stationen, Darstellung einer archetypischen, metaphysischen Struktur 
„hinter der Wirklichkeit“ in sprachlichen Bildern. 
Ich sehe mich bei dieser Ausstellung als Szenografin, 
die die Stationen der Odyssee in meinen LebensRaum übersetzt.

Die Urbanen Stationen mit Textstellen der Odyssee

"...Erst befiehlt uns die Göttin (Kirke), der zauberischen Sirenen Süße Stimme zu meiden und ihre blumige Wiese. Mir erlaubt sie allein, den Gesang zu hören; doch bindet Ihr mich fest, damit ich kein Glied zu regen vermöge, Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen. Fleh ich aber euch an und befehle die Seile zu lösen: Eilend fesselt mich dann mit mehreren Banden noch stärker!...Aber ich schnitt mit dem Schwert aus der großen Scheibe des Wachses  Kleine Kugeln, knetete sie mit nervichten Händen, Und bald weichte das Wachs, vom starken Drucke bezwungen Und dem Strahle des hochhinwandelnden Sonnenbeherrschers. Hierauf ging ich umher und verklebte die Ohren der Freunde. Jene banden mich jetzo an Händen und Füßen im Schiffe,  Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen, Setzten sich dann und schlugen die graue Woge mit Rudern. Als wir jetzo so weit, wie die Stimme des Rufenden schallet, Kamen im eilenden Lauf, da erblickten jene das nahe Meerdurchgleitende Schiff und huben den hellen Gesang an: Komm, besungner Odysseus, du großer Ruhm der Achaier! Lenke dein Schiff ans Land und horche unserer Stimme..."

Die Odyssee von Homer 
in einer Übersetzung von Johann Heinrich Voss (604-605)
Seine Widder waren sehr feist, dickbuschichter Vließe, groß und stattlich von Wuchs, mit brauner Wolle bekleidet.Diese band ich geheim mit schwanken Ruten zusammen, wo der Kyklop auf schlief, das gottlose Ungeheuer, drei und drei; der mittelste Bock trug einen der Männer, und zween gingen beiher und schirmten meine Gefährten. Also trugen jeglichen Mann drei Widder. Ich selber Wählte mir einen Bock, den trefflichsten unter der Herde. Diesen ergriff ich schnell beim Rücken, wälzte mich nieder unter den wollichten Bauch und lag mit duldendem Herzen, beide Hände fest im Gekräusel der Flocken verwickelt.Also erwarteten wir mit Seufzen die heilige Frühe.

Die Odyssee von Homer 
in einer Übersetzung von Johann Heinrich Voss (562)

Als wir nun sechs Tag' und Nächte die Wogen durchrudert, landeten wir bei der Feste der Laistrygonen, bei Lamos' Stadt Telepylos an. 
Hier wechseln Hirten mit Hirten;
welcher heraustreibt hört das Rufen des, der hereintreibt. Und ein Mann ohne Schlaf erfreute sich doppelten Lohnes, eines als Rinderhirte, des andern als Hirte der Schafe; denn nicht weit sind die Triften der Nacht und des Tages entfernet. Jetzo erreichten wir den trefflichen Hafen, den ringsum himmelanstrebende Felsen von beiden Seiten umschließen Und wo vorn in der Mündung sich zwo vorragende Spitzen Gegeneinander drehn; ein enggeschlossener Eingang! Meine Gefährten lenkten die gleichgezimmerten Schiffe alle hinein in die Bucht und banden sie dicht beieinander Fest; denn niemals erhob sich eine Welle darinnen,
weder groß noch klein, rings herrschet spiegelnde Stille. Ich allein blieb draußen mit meinem schwärzlichen Schiffe an dem Ende der Bucht und band es mit Seilen am Felsen, kletterte dann auf den zackichten, weitumschauenden Gipfel. Aber es zeigte sich nirgends die Spur von Stieren und Pflügern, Sondern wir sahn nur Rauch von der Erd am Himmel hinaufziehn.

Die Odyssee von Homer 
in einer Übersetzung von Johann Heinrich Voss (568-569)

Also sprach er (Teiresias), und ich antwortete wieder und sagte:
Ja, Teiresias, selbst die Götter beschieden mir solches! Aber verkündige mir und sage die lautere Wahrheit. Dort erblick ich die Seele von meiner gestorbenen Mutter:
Diese sitzet still bei dem Blut und würdigt dem Sohne
Weder ein Wort zu sagen noch grad ins Antlitz zu schauen. Wie beginn ich es, Herrscher, daß sie als Sohn mich erkenne?
Also sprach ich, und schnell antwortete jener und sagte: Leicht ist, was du mich fragst, ich will dir's gerne verkünden.
Wem du jetzo erlaubst der abgeschiedenen Toten,
Sich dem Blute zu nahn, der wird dir Wahres erzählen;
Aber wem du es wehrst, der wird stillschweigend zurückgehn.
Also sprach des hohen Teiresias Seele und eilte
Wieder in Aides' Wohnung, nachdem sie mein Schicksal geweissagt.
Aber ich blieb dort sitzen am Rande der Grube, bis endlich meine Mutter kam, des schwarzen Blutes zu trinken.

Die Odyssee von Homer 
in einer Übersetzung von Johann Heinrich Voss (586)
Und er (Aiolos) gab mir, verschlossen im dichtgenäheten Schlauche vom neunjährigen Stiere, das Wehn lautbrausender Winde. Denn ihn hatte Kronion zum Herrscher der Winde geordnet,
sie durch seinen Befehl zu empören oder zu schweigen. Und er knüpfte den Schlauch mit glänzendem silbernem Seile fest in dem hohlen Schiffe, daß auch kein Lüftchen entwehte.
Vor mir ließ er den Hauch des freundlichen Westes einherwehn, daß sie die Schiff' und uns selbst heimführeten. Aber dies sollte nicht geschehn; denn wir sanken durch eigene Torheit in Unglück.
Schon durchsegelten wir neun Tag' und Nächte die Wogen; und in der zehnten Nacht erschien uns das heimische Ufer, daß wir schon in der Nähe die Feuerwachen erblickten.Jetzo schlummert ich ein, ermüdet von langer Arbeit; denn ich lenkte beständig das Steuer und ließ der Gefährten keinen dazu, um geschwinder das Vaterland zu erreichen, und die Genossen besprachen sich heimlich untereinander,
wähnend, ich führte mit mir viel Gold und Silber zur Heimat, Aiolos' Ehrengeschenke, des hippotadischen Königs. Und man wendete sich zu seinem Nachbar und sagte: Wunderbar! Dieser Mann gewinnt die Achtung und Liebe aller Menschen, wohin er auch kommt, in Städten und Ländern! Aus der troischen Beute wie manches unschätzbare Kleinod bringet er mit. Und wir, die alle Gefahren geteilet, kehren am Ende doch mit leeren Händen zur Heimat!
Nun hat Aiolos dieses Geschenk aus besonderer Freundschaft ihm verehrt. Auf, laßt uns denn eilen und sehen, was dies sei, wieviel Silber und Gold in diesem Schlauche doch stecke!Also sprach man. Es siegte der böse Rat der Genossen, und sie lösten den Schlauch, und mit einmal entsausten die Winde.
Plötzlich ergriff sie der Sturm und schleuderte weit in das Weltmeer hin die Weinenden, ferne vom Vaterlande.

Die Odyssee von Homer 
in einer Übersetzung von Johann Heinrich Voss (566-568)
Freunde, wir haben ja noch im Schiffe zu essen und trinken; darum schonet der Rinder, daß uns kein Böses begegne! Diese Rinder und Schafe sind jenes furchtbaren Gottes Helios Eigentum, der alles siehet und höret. Also sprach ich; und zwang ihr edles Herz zum Gehorsam. Aber der Süd durchstürmte den ganzen Monat, und niemals hub sich ein anderer Wind als der Ost und der herrschende Südwind. Doch solang es an Speis und rotem Weine nicht fehlte,
schoneten jene der Rinder, ihr süßes Leben zu retten.
Und da endlich im Schiffe der ganze Vorrat verzehrt war, streiften sie alle aus Not, vom nagenden Hunger gefoltert, durch die Insel umher, mit krummer Angel sich Fische oder Vögel zu fangen, was ihren Händen nur vorkam.Jetzo ging ich allein durch die Insel, um einsam die Götter anzuflehn, ob einer den Weg mir zeigte zur Heimkehr. Als ich, die Insel durchgehend, mich weit von den Freunden entfernet am windfreien Gestade, da wusch ich die Händ' und flehte alle Götter an, die Bewohner des hohen Olympos, und sie deckten mir sanft die Augen mit süßem Schlummer.[609]
...
Meinen Augen entfloh nunmehr der liebliche Schlummer, und ich ging zu dem rüstigen Schiff am Ufer des Meeres. Aber sobald ich mich nahte dem gleichgeruderten Schiffe, kam mir der süße Duft des Opferrauches entgegen.Da erschrak ich und rief wehklagend den ewigen Göttern:
Vater Zeus und ihr andern unsterblichen seligen Götter! Ach, ihr habt mir zum Fluche den grausamen Schlummer gesendet, daß die Gefährten indes den entsetzlichen Frevel verübten! Und Lampetia stieg zu Helios' leuchtendem Sitze schnell mit der Botschaft empor, daß jene die Rinder getötet;[610]
dieser entbrannte vor Zorn und sprach zu den ewigen Göttern: Vater Zeus und ihr andern unsterbliche selige Götter, rächt mich an den Gefährten Odysseus', des Sohnes Laertes', welche mir übermütig die Rinder getötet, die Freude meiner Tage, sooft ich den sternichten Himmel hinanstieg oder wieder hinab vom Himmel zur Erde mich wandte! 
...
Bald erschienen darauf die schrecklichen Zeichen der Götter: Ringsum krochen die Häute, es brüllte das Fleisch an den Spießen, rohes zugleich und gebratnes, und laut wie Rindergebrüll scholl's
und sechs Tage schwelgten die unglückseligen Freunde von den besten Rindern des hohen Sonnenbeherrschers. Als nun der siebente Tag von Zeus Kronion gesandt ward, siehe, da legten sich schnell die reißenden Wirbel der Windsbraut, und wir stiegen ins Schiff und steurten ins offene Weltmeer,
aufgerichtet den Mast und gespannt die schimmern den Segel. Als wir das grüne Gestade Thrinakias jetzo verlassen und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu sehn war, breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewölk aus über das laufende Schiff, und Nacht lag über der Tiefe. Und nicht lange mehr eilte das laufende Schiff; denn mit einmal kam lautbrausend der West mit fürchterlich zuckenden Wirbeln. Plötzlich zerbrach der Orkan die beiden Taue des Mastbaums; aber der Mast fiel krachend zurück, und Segel und Stange sanken hinab in den Raum; die Last des Fallenden stürzte hinten im Schiff dem Piloten aufs Haupt und zerknirschte mit einmal[611]
alle Gebeine des Haupts; da schoß er, ähnlich dem Taucher, köpflings herab vom Verdeck und der Geist entwich den Gebeinen. Und nun donnerte Zeus; der hochgeschleuderte Strahl schlug schmetternd ins Schiff: und es schwankte, vom Donner des Gottes erschüttert. Alles war Schwefeldampf, und die Freund' entstürzten dem Boden. Ähnlich den Wasserkrähn bekämpften sie, rings um das Schiff her, steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr.
Einsam durchwandelt ich jetzo das Schiff; da trennte der Wogen sturz von den Seiten den Kiel und trug die eroberten Trümmer, schmetterte dann auf den Kiel den Mastbaum nieder; an diesem hing noch das Segeltau, von Ochsenleder geflochten.
Eilend ergriff ich das Tau und verband den Kiel und den Mastbaum, setzte mich drauf und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten.
Kirke spricht zu Odysseus:
Sind nun deine Gefährten bei diesen vorüber gerudert, dann bestimm ich den Weg nicht weiter, ob du zur Rechten oder zur Linken dein Schiff hinsteuern müssest; erwäg es selber in deinem Geist. Ich will dir beide bezeichnen. Hier stürmt gegen den Fuß der überhangenden Klippen hochaufbrausend die Woge der bläulichen Amphitrite. Irrende Klippen nennt sie die Sprache der seligen Götter. Selbst kein fliegender Vogel noch selbst die schüchternen Tauben eilen vorbei, die Zeus, dem Vater, Ambrosia bringen,
sondern der glatte Fels raubt eine von ihnen beständig! Aber der Vater erschafft eine andre, die Zahl zu ergänzen. Und noch nimmer entrann ein Schiff, das ihnen sich nahte, sondern zugleich die Trümmer des Schiffs und die Leichen der Männer
wirbelt die Woge des Meers und verzehrende Feuerorkane. Eins nur steurte vorbei von den meerdurchwandelnden Schiffen, Argo, die Allbesungne, da sie von Aietes zurückfuhr;
und bald hätte die Flut auch sie an die Klippe geschmettert, doch sie geleitete Here, die waltende Göttin Jasons. Dorthin drohn zween Felsen: der eine berühret den Himmel mit dem spitzigen Gipfel, vom düsterblauen Gewölke rings umhüllt, das nimmer zerfließt; und nimmer erhellen heitere Tage den Gipfel, im Sommer oder im Herbste. Keiner vermöchte hinauf und keiner hinunter zu steigen, wenn er auch zwanzig Händ' und zwanzig Füße bewegte, denn der Stein ist so glatt, als wär er ringsum behauen. In der Mitte des Felsens ist eine benachtete Höhle, abendwärts, gewandt nach des Erebos Gegend, allwo ihr euer gebogenes Schiff vorbeilenkt, edler Odysseus.
Von dem Boden des Schiffes vermöchte der fertigste Schütze nicht den gefiederten Pfeil bis an die Höhle zu schnellen. Diese Höhle bewohnt die fürchterlich bellende Skylla, deren Stimme hell wie der jungen saugenden Hunde winseln tönt, sie selbst ein greuliches Scheusal, daß niemand ihrer Gestalt sich freut, wenn auch ein Gott ihr begegnet. Siehe, das Ungeheuer hat zwölf abscheuliche Klauen und sechs Häls' unglaublicher Läng, auf jeglichem Halse einen gräßlichen Kopf, mit dreifachen Reihen gespitzter,
dichtgeschlossener Zähne voll schwarzen Todes bewaffnet. Bis an die Mitte steckt ihr Leib in der Höhle des Felsens, aber die Köpfe bewegt sie hervor aus dem schrecklichen Abgrund, blickt heißhungrig umher und fischt sich rings um den Felsen Meerhund' oft und Delphine und oft noch ein größeres Seewild aus der unzähligen Schar der brausenden Amphitrite.
Noch kein kühner Pilot, der Skyllas Felsen vorbei fuhr,
rühmt sich verschont zu sein; sie schwinget in jeglichem Rachen einen geraubeten Mann aus dem blaugeschnäbelten Schiffe. Doch weit niedriger ist der andere Felsen, Odysseus,und dem ersten so nahe, daß ihn dein Bogen erreichte. Dort ist ein Feigenbaum mit großen laubichten Ästen; drunter lauert Charybdis, die wasserstrudelnde Göttin. dreimal gurgelt sie täglich es aus und schlurfet es dreimal schrecklich hinein. Weh dir, wofern du der Schlurfenden nahest!
Selbst Poseidaon könnte dich nicht dem Verderben entreißen. Darum steure du dicht an Skyllas Felsen und rudre schnell mit dem Schiffe davon. Es ist doch besser, Odysseus, sechs Gefährten im Schiff zu vermissen als alle mit einmal!

Die Odyssee von Homer 
in einer Übersetzung von Johann Heinrich Voss (601-603)



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